Kirche auf Fuerteventura

Tourismuspfarramt der Evangelischen Kirche in Deutschland

Besinnliches und Artikel aus der Geschichte des Tourismuspfarramtes

 

Die vorweihnachtliche Sintflut

strand

Sintflutartig beginnt die Vorweihnachtszeit in unseren Supermärkten Anfang Oktober bei uns zu Hause. In den Regalen befinden sich Lebkuchen, Marzipan und weihnachtliches Gebäck. Die Discountmärkte folgen mit Lichtschlangen und Lichterketten (inclusive elektronisch-automatische Schaltvorrichtungen), die im Laufe der Tage immer mehr Häuser und Gärten schmücken. Vielleicht sind deshalb auch mehr Solarzellen auf den Häuserdächern. Die normalen Stromnetze mit ihren Sicherungen sind dafür wohl nicht ausgelegt. Und bestimmt wird auch hier auf der Insel illuminiert werden. Viele beklagen das, aber vielleicht braucht so ein besonderes Fest wie Weihnachten auch eine ganz besondere Vorbereitung. Es sind ja nicht die Märkte, sondern die Kunden, die das wollen und lange vor dem Fest kaufen, zu denen auch ich gehöre.

weihnachtsengel

Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, auf ein besonderes Fest im Jahr. Festfeiern geben dem Leben Sinn und Freude. Einmal im Jahr ein Fest groß feiern. Das holt heraus aus dem Trott des oft grauen Alltags. Zudem liegt das Weihnachtsfest am Ende des Jahres als Schwelle. Jetzt ist der Schluss des Jahres und Neues kann beginnen. Zudem feiern viele Weihnachten als Erinnerung. Das eine Weihnachtsfest vor 30, 40, 50, 60 oder 70 Jahren. Die heile Welt damals. Eine intakte Familie, Geborgenheit, Wärmestube der Seele, das eine über das ganze Jahr langersehnte Weihnachtsgeschenk, erinnern sie sich? Das wiederholen wir Jahr für Jahr. Neulich sagte mir eine Frau nach dem Gottesdienst: Ich lebe hier seit Jahren auf der Insel, aber Weihnachten fliege ich heim, nur da ist Weihnachten. Weihnachten als Heimat. Und da darf nichts fehlen wie damals. Erinnern sie sich persönlich? Übrigens der Streit von Ehepaaren beim Schmücken des Weihnachtsbaumes (z.B. Lametta oder nicht) oder über das Festessen (z.B. Gans oder Fondue) hat hier seine Ursprünge. Andere fliehen, sie sagen, mit Weihnachten will ich nichts zu tun haben. Seit Jahren feiern sie das Fest nicht mehr. Und wieder einigen hilft das Überwintern im Ausland oder auf Inseln bei der Verdrängung. Aber Verdrängen tue ich nur etwas, was mir gerade doch wichtig ist. Und ist da nicht im Unterbewusstsein eine Sehnsucht da, nach Geborgenheit und Heimat? Nach einem Weihnachten in meinem Leben? Nach einer Insel im Leben?

Lange Zeit vor der Geburt von Jesus schickte Gott eine Sintflut. Die Menschen damals, berichtet die Bibel, lebten verkehrt, an sich, an den Menschen und an Gott vorbei. „In seiner Stinkwut schickte Gott die Sintflut“, so dichtet Ludwig Hirsch. Doch einst mit der Großfamilie um Noah und den Tieren machte Gott einen Neuanfang. Die Arche erreichte trockenes Land, ein Regenbogen und eine Friedenstaube als Zeichen neuen Lebens.

Die Fluten des Lebens. Wir Menschen können davon erzählen, entweder anderen oder nur uns selbst. Die kleinen oder die großen Flutwellen. Das empfindet jede und jeder für sich ganz unterschiedlich. Und wie oft gab es am Ende nicht auch einen Regenbogen oder eine Friedenstaube im Leben? Das Leben ging wieder gut weiter und Wunden verheilten, freilich die Narben bleiben und wir werden sie mit in unser Grab nehmen.

Mitten da hinein geschieht im Jahr Weihnachten, flutartig, als Gottes Flut, die nicht vernichtet. Nicht aus „Stinkwut“ schickt Gott Weihnachten, sondern aus Liebe. Die Geburt von Jesus setzt für uns Menschen einen einzigartigen Neuanfang. Es ist Gottes Liebe zu allen persönlichen und geschichtlichen Gegebenheiten des Lebens, zu unseren kleinen und großen Lebensfluten. Und vielleicht können wir Gott gerade in der Vorweihnachtszeit erzählen von den Fluten unseres Lebens? In einer stillen Stunde? Im Urlaub am Strand? Beim Überwintern auf der Insel? Oder zu Hause? Es ist egal wo. Denn Gott setzt letztendlich einen Regenbogen oder eine Friedentaube wie bei Noah über unser Leben. Ob wir es spüren oder nicht. Jetzt schon und unser ganzes Leben lang. Und auf alle Fälle am Ende unseres Lebens hier auf dieser Erde. Deshalb jeder und jedem seine ganz persönliche und gute Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Denn dieses ganz besondere Fest braucht seine ganz besondere Vorbereitung.

Werner Buckel, Pfarrer

Militärpfarrer a.D.