Urlauberseelsorge auf Fuerteventura
Pfr. i. R. Karl Bonenkamp und Ehefrau Erika
Von September 2003 bis Juni 2004 waren wir schon einmal auf Fuerteventura in der Urlauberseelsorge tätig.
In diesem Jahr haben wir die Aufgabe von Juli bis November 2006 auch wieder gerne übernommen und freuen uns über die Begegnungen mit Urlaubern und Residenten.
Wir kommen aus der Evangelisch-lutherischen Kirche in Oldenburg (i. O.), frühere Pfarrstellen in Edewecht, Bremen-Blockdiek, Oldenburg-Kreyenbrück.
Schwerpunkte:
Gottesdienste, Seelsorge, Gespräche und Informationen, Ökumenische Kontakte
Pastor Aleman – Der “deutsche Pastor” bellt und beißt!
Als ich das erste Mal mit Spaniern ins Gespräch kam, hatte ich einen großen Lacherfolg. Ich wurde nach meinem Beruf gefragt. Stolz auf meine Anfangskenntnisse im Spanischen antwortete ich: “Soy pastor aleman!” – Meine Gesprächspartner fingen herzlich an zu lachen. Einer sagte noch “Wau-wau!”. Dann klärten sie mich auf: im Spanischen gibt es die Bezeichnung “pastor aleman” zwar, sie bedeutet jedoch “Schäferhund”. Als meine Frau und ich eine Landwirtschaftsausstellung auf Fuerteventura besuchten, gab es sogar den “pastor automatico” an einem Stand zu sehen. Das war nun auch kein selbsttätiger Urlauberseelsorger, sondern schlicht ein elektrischer Weidezaun. Übrigens: “Pastor” kommt aus dem Lateinischen und heißt “Hirte”. Ohne den Zusatz “aleman” gilt das auch für die spanische Bezeichnung “pastor”.
Als ich an einer Hotelrezeption ein Einladungsplakat für unsere Gottesdienste abgeben wollte, sprach mich eine Touristin an: “Sie sind doch sicher ein Löwe”. Zunächst war ich ein wenig irritiert, bis ich begriff: sie vermutete, dass ich unter dem Sternzeichen “Löwe” geboren bin. Ich musste sie enttäuschen: mein Geburtstag steht unter dem Bild “Stier” im Tierkreis.
Dass andere Menschen uns mit Tieren vergleichen, ist nicht immer schmeichelhaft. Wer freut sich in Deutschland schon, wenn er von anderen “Du Kamel!” oder “Du Esel!” genannt wird. Der “krumme Hund” oder die “blöde Kuh” erfreuen uns ebenso wenig wie das “dumme Schaf”.
Wenn man sich die Tiere jedoch genauer ansieht, kann man auch auf andere Gedanken kommen. Das bei uns in Redensarten oft abwertend beurteilte Kamel zum Beispiel, genießt in vielen Ländern große Wertschätzung. In islamischen Gegenden der Welt wird auf die Frage “Warum trägt das Kamel den Kopf so hoch?” geantwortet: “Als Allah die Menschen schuf, teilte er ihnen seine 99 Namen mit, mit denen er angeredet werden will. Einzig das Kamel kennt den 100. Namen Allahs. Darum trägt es seinen Kopf so stolz.” Als Last- und Zugtier ist das Kamel in wüstenhaften Gegenden für das Überleben der Menschen unentbehrlich.
Hier auf Fuerteventura war das Dromedar, das Kamel mit dem einen Höcker, über Jahrhunderte hinweg ein geschätztes Haustier. Zum Lastentragen, beim Pflügen und – wie man in der Kirche von Tuineje sehen kann – sogar als Kriegswaffe konnte man die Dromedare einsetzen. Heute sieht man sie auf der Insel vor allem in La Lajita, wo sie in großer Zahl gezüchtet werden und wo man sich als Besucher bei einer Kamelsafari von ihnen über angrenzende Hügel tragen lassen kann.
Dass Kamele bzw. Dromedare einen Ehrenplatz in der Kirche erhielten, ist wohl eher selten.
Und doch gibt es das auf unserer Insel: man findet sie auf 2 Bildtafeln links und rechts vom Altar der zweischiffigen Kirche San Miguel Arcángel in Tuineje, die 1790 fertig gestellt wurde. Das hat seinen guten Grund.
In Tuineje wird jährlich das Fest der “Schlacht bei Tamacite” gefeiert. Dieses Fest hat folgenden Ursprung: Eine Legende besagt, dass bei einem lange zurück liegenden Überfall englischer Piraten die Figur des Heiligen in der Kirche einen Arm verlor. Als Vergeltung für diese Schändung soll dann der Heilige Michael den Bürgern des Ortes im Oktober 1740 zu einem großartigen Sieg verholfen haben.
Damals rückte ein britisches Freibeuterkorps beim heutigen Gran Tarajal plündernd in Richtung Tuineje vor. Mit Hilfe ihrer rund 30 Dromedare, die sie als lebende Schutzschilde auf die Engländer zutrieben, und mit nur fünf Gewehren bewaffnet, gelang es einigen todesmutigen Bauern, am Montaña de Tamacite die Hälfte der zahlenmäßig überlegenen, gut bewaffneten Eindringlinge zu schlagen und in die Flucht zu treiben. Als die Dromedare auf die Piraten zu galoppierten, versuchten diese, die für sie ungewohnten Tiere zu stoppen. Sie schossen mit Gewehren und Kanonen auf sie. Danach aber mussten sie mühsam und zeitraubend ihre Waffen wieder laden. Das nutzten die Tuinejer. Mit ihren wenigen Gewehren und mit landwirtschaftlichen Gerätschaften wie Hacken und Gabeln erschlugen sie eine große Zahl der überrumpelten Angreifer. Der Rest floh in Panik zum sicheren Schiff und verschwand. – Neben einigen Musketen erbeuteten die Tuinejer sogar 2 Kanonen, die noch heute am Eingang des Museums in Betancuria zu bewundern sind. Dieser Vorfall ging als “Schlacht bei Tamacite” in die Inselgeschichte ein.
Die von ihren Feinden befreiten Tuinejer leisteten zum Dank die “Jurada de San Miguel” (Schwur für den Heiligen Michael), dass sie die Hilfe ihres Schutzpatrons nie vergessen wollen. Und so gedenkt man alljährlich dieses Ereignisses bei der Patronatsfeier des Heiligen Michael (29. Sept.). In einem Historienspiel der Tamacite-Schlacht um den 13. Oktober herum wird mit großem Einsatz noch einmal nachgestellt, was damals im Zusammenwirken von Menschen und Tieren wie ein Wunder war.
In der Bibel lesen wir, dass Menschen und Tiere ihre Würde haben, weil sie beide von Gott geschaffen wurden. Wir lesen: “Gott der HERR machte aus Erde alle die Tiere auf dem Felde und alle die Vögel unter dem Himmel und brachte sie zu dem Menschen, dass er sähe, wie er sie nennte; denn wie der Mensch jedes Tier nennen würde, so sollte es heißen. Und der Mensch gab einem jeden Vieh und Vogel unter dem Himmel und Tier auf dem Felde seinen Namen.” (Genesis/ 1. Mose 2,19-20)
Wir Menschen können mit unserem Schöpfer Kontakt halten im Gebet.
Ich habe als Kind sehr gerne Tierfabeln gelesen, in denen Tiere sehr menschliche Züge zeigen. Im “Karneval der Tiere”, komponiert von Camille Saint-Saëns, gibt es sogar Gebete verschiedener Tiere. Daran musste ich bei einem Gang durch den Zoo von La Lajita denken und habe es auch einmal selber versucht. Vielleicht bekommen auch Sie Lust dazu, solch ein Gebet zu formulieren und kommen dabei auf ganz neue Gedanken und Aspekte Ihres Lebens!
Gebet eines Kamels / Dromedars:
Herr, ich danke Dir, dass ich so ausdauernd bin.
Du gabst mir einen langen Atem.
Auch Durststrecken auf meinem Lebensweg kann ich durchschreiten
bis Du mich nach Hitze und Wüstensand zum frischen Wasser der Oase führst.
Ich frage Dich, meinen Schöpfer, allerdings:
Darf man mich deswegen mit Verachtung in der Stimme “Kamel” nennen,
weil ich es mir gefallen lasse, dass andere sich mir als Last aufbürden? (Galater 6,2)
Du weißt: die Grenze meiner Belastbarkeit ist oft erreicht, nicht selten wird sie überschritten.
Wenn Du die Last jedoch mit trägst, mein Schöpfer, will ich sie auch tragen und ertragen.
Du, Gott, nimmst mir vielleicht die Last meines Lebens nicht ab,
aber Du kannst mir die Kraft zum Tragen geben. (Psalm 68,20)
So bitte ich dich, Herr: Belaste mich, doch mit Maßen!