Der neue Inselpfarrer Manfred Otterstätter stellt sich vor
Liebe…
(Residenten?)
(Inselbewohner?)
(und Urlauber?)…
als neuer evangelischer Pfarrer darf ich ab September auf Ihrer Insel leben und arbeiten.
Ich heiße Manfred Otterstätter. In Deutschland liegen meine Kontaktorte in Norddeutschland (Hannover und Hamburg) und in Bayern (Ammersee).
Meine Eltern waren Bessarabien-deutsche Bauern und die Kindheit auf dem Hof hat mich für mein weiteres Leben geprägt.
Nach der Schulzeit habe ich zunächst eine technisch-kaufmännische Ausbildung gemacht, in Hamburg, wo ich nach der Lehre noch 2 Jahre bei BMW blieb.
Während einer gesundheitlichen Krise erfuhr ich eine religiöse Wende, die mich zum Studium der Theologie führte.
Meine erste Pfarrstelle war in Langen bei Bremerhaven (6 Jahre), dann war ich 5 Jahre Studentenpfarrer an der Technischen Universität in Clausthal-Zellerfeld, danach 17 Jahre Gemeindepfarrer in Barsinghausen, bevor ich ein Sonderpfarramt zur Integration der Deutschen aus Russland übernommen habe. In dieser Zeit war ich auch Projektdozent an der Evangelischen Fachhochschule Hannover.
Nach der Pensionierung führten mich die Liebe zu den Bergen und zur Landwirtschaft auf eine Alm in Oberbayern, wo ich 3 Jahre Hirte war (jeweils in der Saison von Juni bis Oktober). Die Stille der Bergwelt und das Leben mit den Tieren habe ich auch als eine spirituelle Übung und große Bereicherung erlebt.
Auch nach meiner Pensionierung blieb der Kontakt zur Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die mich mehrmals kurzfristig als „Springer“ eingesetzt hat:
– im Tourismuspfarramt auf Gran Canaria (1 Jahr )
– in der Evangelischen Gemeinde in Dubai (7 Monate )
– in der Gemeinde Verona-Gardone/Italien (10 Monate )
– und zuletzt auf Mallorca (Gemeinde auf den Balearen, 10 Monate bis jetzt Ende Juni)
Aus einer langjährigen Ehe habe ich drei Töchter (die mittlerweile selber eine eigene Familie haben); meine Frau und ich haben uns vor 10 Jahren getrennt. Meine jetzige Lebensgefährtin lebt und arbeitet in Bayern.
Ich finde es wunderbar, dass ich nun in auf Ihrer Insel Fuerteventura leben und arbeiten darf und ich freue mich auf die persönlichen Gespräche mit Ihnen und unser weiteres Kennenlernen.
Herzliche Grüsse
Manfred Otterstätter
EINLADENDE KIRCHE
Vom September an darf ich als evangelischer Insel-Pfarrer bei Ihnen leben und arbeiten.
Was erwarten Sie von einem Pfarrer?
Wie sollten Religion und Kirche auftreten und sich darstellen?
Eine schöne Beschreibung fand ich in einem Gedicht:
Eingeladen – nicht vorgeladen, nicht ausgeladen,
nicht abgeladen…
Eingeladen – an mich wird gedacht, ich werde erwartet,
ich bin willkommen.
Eingeladen – offene Tür, festliche Tafel, gute Gespräche,
stimmungsvolle Musik.
Eingeladen – ich werde angenommen, Ernst genommen,
ich werde gehört.
Eingeladen – freundliche Menschen treffen, Zeit füreinander nehmen,
gemeinsam froh sein…
Eingeladen – zum Gottesdienst, zum Konzert, zu einem Fest,
zum Essen, zu einem Gespräch…
Einladend, ja so wünsche ich mir Kirche, so sollte und möchte die Gemeinde auf Fuerteventura für Sie sein. Einladend, das “Fest des Lebens” zu feiern.
Im Kern geht diese Einladung auf das Leben selbst zurück, das Göttliche, das liebend und wunderbar-kreativ uns segnet,
in so vielfältigen Formen und Weisen…
Ich grüsse Sie herzlich und ich freue mich, Sie persönlich kennen zu lernen und mit Ihnen über das Leben, über “Gott und die Welt” zu sprechen.
Manfred Otterstätter, Pfarrer
Zu den ersten VERANSTALTUNGEN nach der Sommerpause lade ich Sie jetzt wieder herzlich ein:
Treffma(h)l am 18. 10. in San Benito (La Hermosa bei La Pared)
Zum Treffma(h)l ist jeder herzlich eingeladen, auch der, der noch nie dabei war. Wir lernen einander kennen, wir feiern, essen, singen und reden miteinander und halten eine kurze Andacht. Wer möchte, kann gerne etwas zum Programm beitragen. Es wird gegessen und geteilt, was jeder mitbringt, Geschirr sollte nach Möglichkeit mitgebracht werden, sonst gibt es nur “Plastikersatz”.
Abschied von Pfr. i.R. Manfred Otterstätter
Da einige Gemeindemitglieder nicht dabei sein konnten, die Abschiedspredigt von Pfarrer Otterstätter zum Nachlesen:
Vom Loslassen und Finden…
Das ist schon seltsam: Vor wenigen Tagen war der kalendarische „Sommer-Anfang“, und die Tourismuskirche macht jetzt Sommerpause. Auf Fuerteventura ist es halt mit den Jahreszeiten etwas anders. Für mich als Inselpfarrer heisst es jetzt Abschied nehmen…, von wunderbaren Menschen, einer warmherzigen Gemeinschaft und von echt interessanten Gottesdienstorten:
Im Süden Hotel Faro am Jandia-Playa, 6. Stock, Panoramablick auf den Atlantic; mittags in der Ermita, idyllische Kapelle im Ort Morro, nachmittags im „Biergarten“ in Costa Calma, Restaurant El Jardin, Gottesdienst während der Barbetrieb weiter läuft… Abschied überhaupt von dieser wunderbaren „stillen Insel“…
Eine Übung
Beim Nachdenken und beim Nachfühlen wird mir bewusst:
Dieser Abschied ist wieder eine Übung im Loslassen, jeder Abschied ist eine Übung zum Loslassen.
Die Worte aus dem Hesse-Gedicht werden plötzlich persönlich und konkret:
„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen…“
Loslassen ist ein immer wieder kehrendes Thema in unserem Leben, für jede und für jeden. Es ist der lebendige Prozess des Lebens, so geschieht Entwicklung im Suchen, im Finden, im Loslassen, im neuen Suchen…
So entwickelt sich Leben. Schon bei unserer Geburt müssen wir den warmen Mutterschoß verlassen, wenn wir leben wollen. Später müssen wir das Elternhaus verlassen, wenn wir selbständig werden wollen. Eltern müssen ihre Kinder loslassen. Wenn eine Partnerschaft oder Ehe zu Ende geht, müssen wir Loslassen lernen, später den Beruf und zuletzt das Leben selbst.
Doch im Loslassen liegt die Chance unserer Entwicklung.
„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen, der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten…“, schreibt Hesse.
Die Entwicklung
„Tue alles im Geiste des Loslassen“,
Jenes Wort vom Tai-Mönch Ajahn Chah habe ich oft zitiert:
„Tue alles im Geiste des Loslassen,
achte werde auf Gewinn noch Verlußt.
Wenn du wenig loslässt, wirst du wenig Frieden und Freiheit haben.
Wenn du viel loslässt, wirst du viel Frieden und Freiheit haben.
Wenn du ganz loslässt, wirst du wissen, was Frieden und Freiheit sind.“
Mir fällt jenes Bibelwort ein:
„Gehe aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft…in ein Land, das ich dir zeigen werde. Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“ (1. Mose 12). Über dem Loslassen steht eine Verheißung.
Darum: Zieh aus! Zieh aus deinem Land…
Etliche Deutsche, die für Monate oder ganz auf „Fuerte“ ein zweites zu Hause gefunden haben, ist es so ergangen, Segen…
Zieh aus!
Diese Aufforderung ist vielschichtig. Spirituell bedeutet sie:
Zieh aus aus deinen religiösen Vorstellungen!
Zieh aus aus alten Vorstellungen von Kirche, Glauben und Moral.
Zieh aus auch aus Bildern und Konzepten von Gott! Jedes Dogma und jede Vorstellung grenzt Gott ein. Bloße Wiederholungen von Sprüchen und des Katechismus, von dem, was andere erfahren haben, bleibt unbefriedigt. Auch Bibelworte werden für uns erst „wahr“, wenn sie uns selber berühren. „Wahrheit“ ist immer konkret und persönlich. Und die „ewigen Wahrheiten“, ich weiß nicht, ob es sie überhaupt gibt… Was wir „Gott“ nennen ist immer jetzt und lebendig, gegenwärtig als Geschehen, als Entwicklung, Evolution, und nur unser Fassungsvermögen entscheidet, wie viel wir davon erfahren.
Zieh aus! Das meint auch:
Zieh aus aus deinem Image, dem Nimbus, den andere um dich legen, und die Gemeinschaft, die dich getragen hat.
Und das Schwerste von allem:
Zieh aus aus deiner vordergründigen Ich-Identität. Nicht du trägst das Leben, das Leben trägt dich. Die wirkliche Gotteserfahrung befreit von aller Angst, einschließlich der Angst vor dem Verlust des Ich. Wir erfahren unsere eigentliche göttliche Geborgenheit, wenn wir loslassen können. Paulus versucht uns das nahe zu bringen mit dem Satz: „Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal. 2,20). Die Gotteserfahrung ist wie ein Rollentausch.
Nicht ich erfahre Gott, sondern Gott bringt sich in mir zur Erfahrung.
„Alle Dinge schmecken dann nach Gott“, predigt Meister Eckart.
Dadurch wird die Gottes-Erfahrung identisch mit dem Alltagsgeschehen. „Das Mysterium findet am Hauptbahnhof statt“ (Joseph Beuys). Denn wenn es dort nicht stattfindet, findet es überhaupt nicht statt. Wirklichkeit ist nichts Abgeschlossenes, sondern ein lebendiger Prozess, der sich unserem wachsenden Bewusstsein immer umfassender erschließt. Eine Symphonie, die jedem erklingt. In dieser Symphonie ist jeder von uns eine Note. Doch das Wesen der Symphonie ist nicht die Note, sondern die Musik, die in der Note erklingt…so ist jede und jeder von uns eine Note in der Gott erklingt, in der großen Symphonie des Universums… Zieh aus! Dieses Weg führt zu einem anderen Bewusstsein, tatsächlich wie in ein „neues Land“, – in das wir geführt werden, wenn wir Mut finden, auszuziehen. Auszuziehen, obwohl wir vielleicht weiterhin wohnen bleiben, leben und arbeiten, wo wir gerade sind. Das alles ist keine Frage des Alters: Abraham, so haben wir gehört, war 75 als dieses „Wort“ an ihn erging.
Zum Schluss nun jenes Gedicht von Hermann Hesse ganz. Viele Leserinnen und Leser werden es mit eigenen Erfahrungen verbinden.
STUFEN
von Hermann Hesse.
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Ich grüße Sie/Euch sehr herzlich
mit dem Wunsch für viele Sonnentage auf der Haut und noch mehr im Herzen!
Manfred Otterstätter